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Was er von den Gelehrten und Fürwitzigen
seines Ordens hielt |
Der Cronicken der mindern Brüder, das ander
Buch, Cap. 24. S. Bonaventura, Fioreto. Konstanz 1603 |
Was er von den Gelehrten und Fürwitzigen seines Ordens hielte.
Cap. 24.
Fioreto.
ES wirt denen (sagt
der heylig Franciscus) so Geschickligkeit
und Kunst zu erlangen gar zu sorgfältig seyn /
begegnen / daß sie (wo sie glauben und gedencken werden von ihrer Erkantnus
wegen mehrer erbawet / und
in Andacht gegen Gott erzündet zu seyn
/ und sich derselben nit mit grosser
Demut gebrauchen werden / daß sie von gedachter Geschickligkeit / und grossem
angelegtem Fleiß wegen alles anders hinder sich stellend) innwendig aller Frombkeit erlärt (?) / in der Liebe erkaltet / und mit eyteler Ehr erfült / in ihrer Eytelkeit sich erfrewend / und in
ihrer Opinion auffgeblasen befunden werden: dannenhero der H. Geist (weil er in denen der Sünd underworffenen Leibern nit wohnen kan) gar von ihnen
weichen müssen.
Unnd derhalben
als ihm eines Tages von etlichen Frantzösischen Brüderen erzehlt worden / daß zu Paris ein grosser fürtrefflicher Theologus den Orden angenommen / und durch seine Geschickligkeit dem Volck und Clerisey grosse Erbawung / und dem Orden grosse
Ehr und Ruhm schaffte / antwortet der heylige Vatter seufftzend: Ich förchte daß solche eines Tags alles das / so der Herr durch mich
(seinen unwürdigisten Knecht) in disem
Weingarten gepflantzt / destruieren werden. Unnd ich begerte nit bessere Meister in der Theologey
/ als die jenige / welche mit den Wercken
ihren Nächsten die Sanfftmut / Armut / und Demut lerneten / dann so gut ist der Religios
/ so vil er seiner Regel gehorsamet
/ und das jenig so er erkent
/ würcket.
Dise Prediger so allein ihrer
Kunst und Geschickligkeit vertrawen
/ wann sie den Zulauff deß Volcks / daß sie gern gehört
werden / und daß sie etliche ab iren
Predigen zu Buß bekehren / sehen / werden sie von
anderer Wercken wegen / als ob sie ihrer wären / in eytel Ehr auffgeblasen / predigen
also andern zu Heyl / und inen selbsten
zum Verderben / und Verdamnus / rühmen sich in deme / in welchem sie nit mehr inen zuzueignen haben / als ein Pusaunen
/ welche allein durch deß Menschen Mund / so den Ahtem darein laßt / den Klang unnd Hall gibt. Dann was seynd
diese anders als Pusaunen / durch welche / sie seyen gleich gut oder böß / der
Herr seinen Hall gibt?
Dannenhero die Bekehrungen der
Seelen nit von ihnen / sonder auß
der Krafft der heyligen Lehr / und der einfältigen
Zuhörern / obwol solches von inen
nit verstanden wirt / herfliessen.
Und diese Einfaltigen
seynd meine Ritter der runden Taffel
/welche sich verbergen in den Wüstenen / und einöden Orten / auff daß sie sich desto besser dem Gebett
und Betrachtung ergeben / ire und andere Sünd beweinen mögen.
Und derhalben ist
Gott allein der / welcher den Nutz so sie schaffen / und wie viel Seelen durch
ihre Verdienst behalten werden / weißt / und derwegen
diese Stimm anzuhören verdienen: Ey du frommer und getrewer Knecht (Matt. 25.) / darumm
daß du bist uber wenigem getrew gewesen / will ich dich setzen uber
vil: gehe ein in die Freud deines Herren. Die jene
aber welche keine andere Gedancken / als vil zu wissen / und anderen ihr Geschickligkeit
mit Predigen zu erzeigen / ohne Fürweisung guten
Exempels der Wercken gehabt / werden vor dem Thron deß erschröcklichen Richters /
arm und alles Gutens beraubt stehen / ire Geschirr voller Scham und Confusion
haben / und den Herren zu ihnen sagende hören:
Ihr andere habt euch bemühet / und allein mit
den Worten ewer ewer
erlangten Geschickligkeit geprediget
/ ich aber hab durch die Krafft der Verdienst meiner Einfältigen die Seelen geheyliget / derhalben werdet ihr
mit dem Wind ewer gesuchten Hoffart verbleiben / und
sie die Belohnung ihrer mühseligen Demut empfahen.
Alsdann wirt die
Wahrheit / die Krafft der einfältigen Demut / und Gebetts
/ welches unser Beruff ist / erkant
und glorificiert werden / welcher dise
auffgeblasene mit dem Lufft
ihrer Geschickligkeit zu wider gewesen / vil beredend dise Wahrheit zu
verlassen / und die jene so inn derselben wandleten / als die Blinden zu verfolgen. Die Irrung aber unnd falsch Mahnung / darinn sie
gelebt / die sie verkündet / und mit welcher sie vil sambt ihnen inn die tiefe Gruben
der geistlichen Unwissenheit und Blindheit geführt / wirdt
ihnen in Schmertzen und Confusion
verenderet / und inn die Finsternus begraben werden / dann es stehet geschriben (1. Cor. 1.): Ich
will umbbringen die Weißheit
der Weisen / und den Verstand der Verständigen will ich verwerffen.
Und derhalben der heylig Vatter / so vil als seinem
Ambt inn dieser Welt gebürt / nit zugelassen / daß einiger seiner Brüder Meister genant
solte werden / wann er schon zuvor inn der Welt einer gewesen / sagte ihnen die Wort Christi deß Erlösers ( Matt. 23.): Ihr solt euch nit Rabi nennen lassen
/ dann einer ist ewer Meister / der inn dem Himmel ist / derhalben
nennet euch keine Meister auff Erden. Von ihme selbsten sagt er:
Ob er gleichwol die Geschickligkeit gehabt /
wolt er sich doch keinen Doctor oder Meister nennen haben lassen / dann es wäre
Christo zu wider. Beschlusse darmit / es wäre dem
Menschen vil nutzlicher /
wenig zu könden / und demütig zu seyn
/ dann vil von ihme selbsten halten / grosse Sachen thun / vil wissen / unnd darzu ein auffgeblasenen Kopff haben.
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