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Die sechziger Jahre |
Prof. Steininger reißt alte Wunden auf und streut Pfeffer hinein |
Zur Einstimmung ein Leserbrief
von Sepp Mitterhofer, Obmann des Südtiroler Heimatbundes, in den
"Dolomiten" vom 5.10.1999 zu einem Leserbrief von Prof. Rolf
Steininger vom 30.9.:
Mein letzter Leserbrief ist
aufgrund Steiningers Aussagen bei der Podiumsdiskussion in Kurtatsch
entstanden, wo er sagte, daß alles, was nach der Feuernacht in Südtirol
geschehen ist, "kriminell" war. Ich bin nicht der Verteidiger von
Burger und Kienesberger, aber trotzdem wage ich zu behaupten, daß auch sie die
Freiheit und ihr Leben für Südtirol aufs Spiel gesetzt haben. Zwischen
ihnen und Kerschbaumer mögen ideologisch Welten gelegen haben, aber ihr Einsatz
galt demselben Ziel - der Wiedervereinigung Tirols. Stört es Steininger
vielleicht, weil wir von den Kommunisten keine Hilfe angenommen haben?
Daß in einem Freiheitskampf
irgendwann die Gewalt eskaliert und schwer lenkbar ist, das hat sogar
Kerschbaumer im Gefängnis erkannt und geäußert. Warum hat Steininger in Kurtatsch
nicht jene Elemente auch als Verbrecher hingestellt, welche uns gefoltert
haben, samit ihren Auftraggebern , und jene, welche Sepp Locher, Paul Sprenger
u. a. unschuldig erschossen haben, oder die italienischen Regierungen, welche
uns Südtiroler jahrzehntelang um unsere Rechte betrogen haben, so daß wir in
einen volkstumspolitischen und sozialen Notstand geraten sind. Auch die
Pusterer Buaben haben aus Liebe zur Heimat wegen dieser Notsituation die
Freiheit und ihr Leben aufs Spiel gesetzt.
Dokumente sagen zwar vieles aus, aber lange nicht alles, und nur nach diesen zu
urteilen, ist sehr einseitig und z. T. falsch.
Sepp
Mitterhofer, politischer Häftling
Ethik im Südtiroler Freiheitskampf
Prof. Rolf Steiningers Thesen
in Süd- und Nordtirol abgelehnt
"Weder Zuhörer noch
Podiumsteilnehmer stimmten seinen diesbezüglichen Ausführungen zu", heißt
es vielsagend in einem "Dolomiten"-Bericht (17.9.1999) über eine
Podiumsdiskussion in Kurtatsch über die Bombenattentate und die Rolle Österreichs
in der Südtirol-Frage. Steininger behauptete, die Bombenattentate seien
kontraproduktiv gewesen. "Erst durch die Attentate wurde die Welt auf
Südtirol aufmerksam", widersprach Zeitzeuge Josef Fontana. Weitere
Behauptungen wurden widerlegt durch Franz Widmann, den SVP-Parlamentarier Karl
Zeller, den ehemaligen SVP-Parlamentarier Joachim Dalsaß und den
österreichischen Botschafter a. D. Ludwig Steiner.
Schon am Vortag hatte die
"Grande Dame" der Südtirol-Politik, Viktoria Stadelmayer vom
Südtirol-Referat der Tiroler Landesregierung, auf einer ganzen Seite die
Vorwürfe gegen Österreich als unberechtigt zurückgewiesen (16.9.1999, S. 13).
Über die "emotionsgeladenen
Schutzmachtdebatten zwischen vielen Tirolern und einem ,Preußen´"
berichtete Barbara Varesco dann noch am 18.9.1999 auf fast einer ganzen Seite.
Dabei wurde daran erinnert, daß der Wiener Verleger Fritz Molden, der
die Freiheitskämpfer unterstützte, für den amerikanischen Geheimdienst
arbeitete und auch der tschechische Geheimdienst den Südtirol-Aktivisten seine
Unterstützung angeboten hatte, was aber abgelehnt wurde, wie Eva Klotz dann
klarstellte.
Wir dürfen nach so langer Zeit
wohl hinzufügen, daß es unseres Wissens u. a. von exponierter Südtiroler Seite
auch Versuche gegeben hat, Kontakte in den arabischen Raum aufzunehmen. Doch
ist nichts daraus geworden.
Am 9.10.1999 beklagte sich der
angesehene emeritierte Innsbrucker Geschichtswissenschaftler O. Univ. Prof. Adolf
Leidlmair in den "Dolomiten", daß Steininger offenbar die Absicht
hatte, ihn "in ein möglichst schlechtes Licht zu stellen", und
widerspricht Aussagen des Verfassers. Er könne "ihm den Vorwurf nicht
ersparen, eine allzu flotte Feder geführt zu haben und so der flüchtige Leser
zum flüchtigen Schreiber wurde. Das wird besonders dann bedenklich, wenn man
mit erhobenem Zeigefinger Zensuren verteilt."
Am 11.6.1999 nahm Steininger zu
den Angriffen Sepp Mitterhofers, Viktoria Stadelmayers und Prof. Leidlmairs
Stellung. Daraus einige Sätze:
"Magnago sagte (am 5.9.1961), er sei überzeugt, dass die Attentäter
sowohl Südtirolern als auch Österreichern geschadet haben. Es seien nicht
Verbrecher, aber es ist ein falscher Weg..."
"Kann mir bitte einmal jemand erklären, warum der Generalsekretär der SVP,
Hans Stanek, von Juli 1961 bis Juli 1964 unschuldig im Gefängnis blieb?
Wollte oder konnte die Parteiführung nicht aktiv werden?"
"Die Südtiroler Verteidiger im Mailänder Prozess haben damals genauso viel
Geld genommen wie die Italiener. Darüber hat sich sogar Kreisky gewundert. Wer
von jenen, die sich in der Anlehnung (Druckfehler: Ablehnung?) eurer Taten damals überschlugen, hat euch
denn im Gefängnis besucht? Ist es nicht merkwürdig, dass dieselben Leute euch
dann später zu Helden erklärten, die Südtirol die Autonomie gebracht hätten -
die ihr ja gar nicht wolltet..."
Abschließend: Die Ausführungen
Viktoria Stadelmayers, der großen alten Dame der Südtirolpolitik, die sich wie
kaum jemand anders auf politischer Ebene um Südtirol verdient gemacht hat -
nennt der Norddeutsche "hinterfotzig".
Sogar den Nordtiroler Landeshauptmann ließ Steininger nicht ungeschoren; dieser
verstehe nichts von Politik, sagte er bei anderer Gelegenheit, wenn wir uns
recht erinnern (Zeitungsnotiz leider nicht ausgeschnitten).
Wie ging es weiter: Am 13.10.1999
berichteten die "Dolomiten" auf der ganzen Seite 13, wie der KGB Italiens Rechte und Südtirol-Aktivisten missbrauchen
wollte, mit der Operation "Zveno" (zu deutsch Ring). Der
Bodensee sollte mit der Sprengung einer Öl-Pipeline bei Brugg und Hard nahe
Bregenz verseucht werden, um vom Einmarsch der Russen in die Tschechoslowakei
abzulenken. Wie dankbar müssen wir alle dem KGB-Archivar Mitrokhin sein.
Möge ihm Gott seinen Dienst an der Wahrheit und Gerechtigkeit vergelten!
Als Südtiroler KGB-Agent wird Roland Walter, geboren 1946, aufgeführt.
Deckname des KGB-Offiziers: Krez. Zu den Ausspionierten gehörte der
PCI-Landtagsabgeordnete und spätere Europaparlamentarier Anselmo Gouthier,
ein Mann des "historischen Kompromisses", dem man
Südtirolfreundlichkeit bescheinigen muß.
Dem Institut für Zeitgeschichte
droht das Aus.
"Dolomiten"13.10.1999)
Steininger: "Das lassen wir
uns nicht gefallen". Der Vorsitzende der geisteswissenschaftlichen
Fakultät, Prof. Töchterle, teilte mit: Das Institut für Zeitgeschichte sei aufzulösen und dem Institut für Geschichte zuzuschlagen.
Institute sollen aufgrund einer Empfehlung des Senats vom Frühjahr 1998 in
Hinkunft eine Mindestgröße von zwei Professoren und vier Mitarbeitern
aufweisen.
Steininger ist überzeugt, "dass die wahren Gründe für die Auflösung in der
Arbeit, die wir leisten, liegen." So sei des öfteren zu hören gewesen,
dass die Arbeiten über Nationalsozialismus und Juden und auch die Aufarbeitung
der Geschichte Südtirols nicht gutgeheißen worden seien. "Im Frühjahr hat
Landeshauptmann Weingartner im Zusammenhang mit der Gedenktafel für die Opfer
der Gestapo geäußert, wir Zeithistoriker seien zu kritisch", sagt
Steininger. Vor zwei Jahren habe im Landtag eine Diskussion darüber stattgefunden,
dass am Institut kein Tiroler arbeite. (Dolomiten, 14.10.1999)
Wenn ein Mensch in ein fremdes
Land kommt, hat er die dortigen Sitten und Traditionen zu respektieren.
www.hnet.hil
Eine neue amüsante und
lehrreiche Runde des Streits eröffneten die "Dolomiten" am 4.
November 1999 auf Seite 14. Wir zitieren:
Die "Grande Dame" der
Südtirol-Politik, Frau Hofrat Viktoria Stadelmayer, zu Steiningers
Äußerungen in der Ausgabe vom 11. Oktober:
"Die Selbstenthüllungen von
Prof. Steininger werden immer peinlicher. Wer solcher logischer
Zickzacksprünge, solcher Unterstellungen (siehe Hinweise auf Dr. Hans Stanek)
fähig ist, mit dem kann man nicht debattieren. Wer die Mitgliedschaft an der
"deutsch-italienischen Waffenstillstandskommission" in eine (angebliche)
lokale Vereinbarung mit einem italienischen Befreiungskomitee (CLN von 1945)
,im Bereich der späteren Provinz Bozen´ - (der späteren? Sollte Steininger hier
schon wieder Erklärungsbedarf haben?) - umzufunktionieren versteht, gegen den
ist kein Kraut gewachsen. Eine deutsch-italienische Waffenstillstandskommission
konnte es im Zweiten Weltkrieg nie gegeben haben, hier unterlief Steininger ein
Denkfehler, der jedem passieren kann; ihn zuzugeben, fällt im Allgemeinen nicht
schwer. Trapp war in Wirklichkeit deutscher Verbindungsoffizier bei der
italienisch-französischen Waffenstillstandskommission (bis September 1943).
..."
Sepp Mitterhofer, Obmann des Südtiroler Heimatbundes:
"Aus politischer Sicht hat
uns die SVP damals im Stich gelassen, denn sie hat unsere Forderung nach
Selbstbestimmung für Südtirol nicht mitgetragen. Zusätzlich hat sie bei jeder
nur möglichen Gelegenheit die Anschläge verurteilt und nur selten die Gründe,
die dazu geführt haben, angegeben. ... Ein Grund ... war wohl die heikle Situation,
in der sie sich befand. Den zweiten Grund möchte ich mit den Worten des
verstorbenen Senators Peter Brugger formulieren, der sagte: ,Ihr
Häftlinge wart bereit, für die Heimat ins Gefängnis zu gehen, von den
SVP-Vertretern ist kein einziger auch nur einen Tag dazu bereit!´
Die Interventionen der SVP wegen
der Folterungen an uns politischen Häftlingen wurden auch nur halbherzig
durchgeführt. Als der österreichische Außenminister Bruno Kreisky 1961 vor
der UNO Italien der Folterungen an den Südtirolern beschuldigte, hat ihm
die SVP untersagt, die Beweismittel (authentische Briefe) vorzulegen, obwohl
der italienische Außenminister Segni Kreisky als Lügner hinstellte.
Warum die SVP Dr. Stanek im
Gefängnis nicht geholfen hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Auf humanitärem
Gebiet haben allerdings mehrere SVP-Vertreter unsere Familien unterstützt und
betreut, das muss schon erwähnt werden. Die weitaus größere Leistung in dieser
Hinsicht hat aber die parteilose Eppanerin Midl von Sölder vollbracht. Sie hat
mit dem Herzen und aus Überzeugung gehandelt. Frau Gretl Koch, eine
Häftlingsfrau aus Bozen, ist ihr dabei kräftig zur Seite gestanden. Auch viele
andere Südtiroler haben uns unterstützt und geholfen. Allen gebührt ein
aufrichtiges Vergelt´s Gott!
Steininger behauptet, daß die
Anschläge der sechziger Jahre kontraproduktiv waren. Italien hatte nicht vor
den Anschlägen Angst, sondern vor der weiteren Internationalisierung des
Südtirol-Problems.
Kein Staat kann einen Unruheherd
im eigenen Land gebrauchen. Gewaltakte sind immer ein Aufschrei der
unterdrückten Bevölkerung. Deshalb kamen Italien unsere Anschläge sehr
ungelegen. Nach der Feuernacht wurde in ganz Europa über diese Aktionen in
Südtirol berichtet. Nach den Folterungen an uns Häftlingen ist wieder in ganz
Europa darüber geschrieben werden. Beim Mailänder Prozess haben die in- und
ausländische Presse ein halbes Jahr lang über Südtirol berichtet. Deshalb haben
die Anschläge sehr wohl zur Internationalisierung des Südtirol-Problems und
somit zur Verhandlungsbereitschaft Italiens beigetragen! Magnago, Durnwalder
und Weingartner haben übereinstimmend erklärt, dass die Anschläge der sechziger
Jahre wesentlich zur heutigen autonomie beigetragen haben.
Ob diese Autonomie aber auf
längere Sicht volkstumspolitisch für die Südtiroler von Nutzen sein wird, ist
sehr fraglich.
(Wortlaut auf http://www.dolomiten.it , Ausgabe 4.11.1999, Südtirol
aktuell)
Prof. Steininger:
Kirchliche Quellen kaum zugänglich
Dolomiten, 10.11.1999
"Es ist
sicherlich keine billige Behauptung - soll wohl heißen falsche - Behauptung von
mir, dass Bischof Gargitter für einen Großteil der Südtiroler das ,welsche
Seppele´ war."
Hier irrt
Steininger nicht.